Der Bau des neuen Gerichtsgebäudes in Antwerpen ist das Ergebnis einer Modernisierungspolitik für die gerichtlichen Institutionen des Landes. Die Justizbehörden waren in den unterschiedlichen, in der Stadt verstreuten Gebäuden überaus eingeengt. Daher beschloss die Region Flandern 1999, einen internationalen Architekturwettbewerb für den Bau des neuen Gerichtsgebäudes zu organisieren.
Die Preisträger des Wettbewerbs, das Team Rogers Partnership gemeinsam mit den Architekturbüros VK studio et Ove Arup, sahen ein subtiles, zweckmäßiges, transparentes Gebäude mit einer starken Symbolik vor.
Das Gebäude verfügt über eine Bodenfläche von 78.000 m² und entspricht unter anderem durch seine Ausrichtung und seine maximale Nutzung natürlicher Belüftung und Beleuchtung strengsten Standards für nachhaltige Entwicklung.
Das Gebäude, das sich am Place Bolivar befindet, ist einerseits Endpunkt der als Sichtachsen funktionierenden Hauptstraßen von Antwerpen, während sich auf seiner Rückseite eine weitläufige Grünfläche befindet, die durch Verbindungsstraßen zu den Autobahnen unterbrochen wird. Eine dieser Verbindungsstraßen unterquert das Gebäude, bevor sie in die gegenüberliegende Straße mündet, wodurch für Fußgänger und öffentliche Verkehrsmittel Platz geschaffen werden konnte.
Die vollkommen verglaste Vorhalle verbindet nicht nur die 6 Seitenflügel, die hier zusammentreffen, sondern bildet ebenfalls eine urbane Verbindung zwischen Platz und Park, die sich in der Verlängerung des Boulevards befindet.
Jeder Seitenflügel hat sechs Etagen, darunter ein Untergeschoss. Die drei ersten oberirdischen Geschosse sind mit Dienstzimmern belegt, im vierten Geschoss befinden sich die Technikräume und in der obersten Etage sind die unterschiedlichen Gerichtssäle untergebracht, die mit Dächern versehen sind, die an Segel erinnern.
Die Segel-Dächer stellen den architektonischen Blickfang des Projektes dar. Gestaltung, Werkstoffe und Baumethoden der Dächer erforderten eingehende Tests und Untersuchungen. So waren beispielsweise Windkanaluntersuchungen notwendig, um die widrigsten Windlasten zu ermitteln.
Jedes der 32 Dachmodule ist aus vier vorgefertigten Vierteln geformt, die vor Ort mittels Bolzenverbindungen zusammengefügt wurden. Die geometrische Form, die durch diese Vierteldächer beschrieben wird, ist ein hyperbolischer Paraboloid. Diese regulierte Oberfläche erlaubt eine Vereinfachung der Strukturelemente und ihrer Fertigung.
Träger aus verleimtem Schichtholz, die entsprechend der rechten Mantellinien der Oberfläche auf einem Gerüst angebracht sind, wurden auf einem Rahmen aus Stahlrohren montiert. Anschließend wurden für die Schale drei Lagen einander überkreuzender Bretter nacheinander verschraubt. Die letzte Schicht der Bedachung erfolgte mit Edelstahlprofilbändern der Stahlsorte 316L in der Oberflächenausführung Uginox Mat, die mit Stehfalzprofilen zusammengefügt wurden. Diverse, sehr spezielle Vorgaben veranlassten den Gestalter zur Wahl dieses Werkstoffs: seine natürliche Langlebigkeit, insbesondere an Standorten, die maritimen Einflüssen ausgesetzt sind; die Möglichkeit des Schweißens; eine Geometrie mit veränderbaren Schrägen und lokaler Null-Neigung; die erschwerte Zugänglichkeit zwecks Instandhaltung sowie selbstverständlich seine Optik und seine Farbe. Um eine perfekte Dichtigkeit zu gewährleisten, wurden die Edelstahlfolien mithilfe eines automatisierten Gerätes durchgehend geschweißt, wodurch eine nahezu monolithische Oberfläche entstand.